Wenn die Ex um Rat fragt, unterstützt Leon sie doch gerne 1.
„Noch ein bisschen Eis, Leon?“
Kathi lächelte mich an wie in einem Werbespot und hielt mir die Schüssel hin.
„Nein, danke. Ich bin pappsatt. Mehr schaffe ich beim besten Willen nicht.“
Ich ließ mich mit einem Seufzer in den Stuhl zurücksinken. Sie stellte die Schüssel wieder auf den Tisch. Der Rest an selbstgemachtem Eis würde in wenigen Minuten einen cremefarbenen Mini-See darin bilden. In ihrer Wohnung herrschte eine angenehme Temperatur. Für Menschen, nicht für Speiseeis.
Das eigentümliche Gefühl im Magen, dass mich schon den ganzen Abend begleitet hatte, verstärkte sich. Kathi verhielt sich ungewöhnlich. Nicht wie sonst. Die Kathi, mit der ich ein halbes Jahr zusammen gewesen war, hätte den Rest sofort wieder in das Eisfach gestellt. Oder mich gefragt, ob ich etwa das gute Essen verschwenden wollte. Woraufhin ich aufgestanden wäre, um es wegzustauen.
Ich betrachtete sie nachdenklich über den Tisch und die Überreste des dreigängigen Menüs hinweg. Was war los? Was führte sie im Schilde? Warum hatte sie mich aus heiterem Himmel zu diesem Abend eingeladen, zu einem gemütlichen Essen zu zweit? Nur um mal wieder ihre kulinarische Ader auszuleben? Unwahrscheinlich — sie konnte toll kochen, hatte aber selten Spaß dazu.
Kathi trug eine Jeans und eine dunkelblaue Bluse mit U-Boot-Ausschnitt. Sie mochte das, und ich auch. Ihr Dekolleté mit Brustansatz schimmerte sanft im gedämpften Licht, und die angedeuteten Kurven unter dem Stoff wirkten unglaublich jung und verlockend. Sie hatte nicht viel Busen, aber das war die perfekte Präsentationsform dafür.
Sie fing meinen Blick auf und lächelte wieder. Noch breiter. Noch süßer. Ich spürte das vertraute Schmelzgefühl in meiner Brust. Sie konnte einen richtig fertigmachen mit ihrem Lächeln.
Ich lächelte zurück. Was zum Geier wollte sie von mir? Wir hatten uns vor fünf Monaten getrennt. Im Guten, mehr oder weniger. Wir wollten Freunde bleiben, mehr oder weniger. Kontakt halten und so, das Übliche halt. Uns blieb auch nichts anderes übrig: Nachdem wir gemeinsam einen MBA-Kurs an der Uni belegten, sahen wir uns ohnehin fast jeden Tag. Das hieß: jetzt gerade nicht mehr. Wir schrieben an der Master Thesis, und in ein paar Wochen würden wir den Kurs abschließen und unserer Wege gehen.
„Das war supernett“, meinte sie. „Lass uns zusammen aufräumen und spülen. Dann können wir ja noch ein bisschen quatschen, okay?“
Warum also diese plötzliche Einladung? Warum dieses Essen? Ich sollte ihr dringend mal auf den Zahn fühlen, beschloss ich.
„Ach, ich bin so voll.“ Ich gähnte demonstrativ. „Kannst du das nicht kurz alleine machen? Oder wir lassen es erst mal stehen.“
Ich hielt den Atem an. Falls ich während unserer Beziehung so etwas gewagt hätte, wäre meine Frisur danach deutlich nach hinten geföhnt gewesen. Der Vorschlag hätte gleich zwei Knöpfe bei ihr gedrückt: Sie war allergisch gegen die Idee einer vorwiegend von Frauen erledigten Hausarbeit, und sie würde niemals etwas einfach stehen lassen.
Das konnte sie schlicht nicht! In unserer Zeit hatte ich das ein- zwei Mal versucht und sie überredet. Aber sie war dann jedes Mal auf der Couch schnell unruhig geworden, hatte herumgezappelt, und dann darauf bestanden, vor dem Film doch alles abzuräumen und sauber zu machen.
Sie stockte einen Moment. Dann nickte sie und sprang auf. „Kein Problem. Ich schieb nur schnell alles rüber. Der Abwasch kann warten.“
Staunend sah ich zu, wie sie in Windeseile das Geschirr abräumte und auf der Arbeitsplatte der Küchenzeile stapelte. Jetzt spürte ich deutliche Beklommenheit. Das war so, als würde der Tagesschau-Sprecher plötzlich eine Sing- und Tanz-Einlage bringen. So etwas gab es einfach nicht. Konnte es nie geben!
Hier stimmte etwas nicht. Aber was?
„Schenk dir ruhig noch was von dem Wein ein. Der ist gut, nicht?“, rief sie herüber. Ich nickte und tat es. Aber nur einen winzigen Schluck. Der Wein war perfekt, sie kannte sich da echt aus. Aber was immer da dahintersteckte, ich wollte nicht angesäuselt sein. Nichts Dummes zu tun. Nichts Falsches. Was im Prinzip auf dasselbe hinauslief.
„Ich bin gleich zurück. Muss nur noch kurz auf´s Klo!“ Ein letztes Lächeln, dann verschwand ihre schlanke Gestalt im Bad.
Ich atmete tief durch und rieb mein Kinn. Der sorgfältig auf Sieben-Tages-Ebene gehaltene Bart knisterte unter meinen Fingern.
Kathi!
Ich hatte mir lange überlegt, ob ich ihre Einladung annehmen sollte. Nach unserer Trennung sprachen wir wochenlang kaum miteinander. Nur ein schnelles Zunicken, wenn wir uns sahen, oder manchmal ein fachliches Gespräch im Seminar. Wir vermieden es beide, in dieselben Arbeits- oder Lerngruppen zu gehen. Doch sehr oft verfolgte ich aus der Ferne, was sie tat. Mit wem sie sprach. Wie sie sich bewegte. Lachte. Die Haare aus der Stirn strich, mit einer langsamen, sorgfältigen Bewegung, die Finger leicht gespreizt. Natürlich ohne jeden Effekt — ihre störrischen, kupferroten Naturlocken fielen exakt wieder an denselben Platz zurück.
Und oft verspürte ich diesen tückischen, kleinen Stich in der Herzgegend, wenn ich sie so beobachtete.
In letzter Zeit war es etwas leichter geworden. Einfacher. Ein paar Mal hatten wir uns schon wieder ganz normal unterhalten, sogar gelacht. Das hatte sich gut angefühlt. Ich mochte sie immer noch. Ziemlich, sogar.
Natürlich hatte ich so und so oft auch über eine Reunion nachgedacht. Wer tut das nicht in so einer Situation? Doch nie wirklich ernsthaft. Uns beiden war in dem gemeinsamen halben Jahr klar geworden, dass wir zwar einerseits total aufeinander abfuhren — unsere rosarote Phase hatte die Intensität einer Planetenkollision gehabt. Doch andererseits vertraten wir unterschiedliche Grundeinstellungen und wir verfolgten unterschiedliche Lebensziele. Und beide waren wir offenbar nicht bereit, uns dem anderen anzupassen.
Ich war also nicht hier, um sie wieder für mich zu gewinnen. Das wusste ich relativ genau. Warum also dann? Wollte ich sehen und hören, dass sie sich auch heute noch ebenso stark mit mir und unserer gemeinsamen Vergangenheit beschäftigte, wie ich das tat?
Die Toilettenspülung rauschte. Ich setzte mich auf. Vielleicht sollte ich sie einfach ganz direkt fragen. Ja, das war eine gute Idee! Kathi konnte selbst direkt sein, manchmal bis zur Grenze der Unhöflichkeit. Sie konnte damit auch bei anderen Leuten ganz gut umgehen. Besser jedenfalls, als wenn jemand nur herumeierte.
Doch die Tür öffnete sich nicht. Stattdessen ein paar Geräusche, dann wurde die Duschbrause angestellt. Aha. Anscheinend hatte sie ihre Tage. Sie hasste Unsauberkeit und Geruch jeder Art. Während der Periode duschte sie sich am liebsten untenrum ab nach dem Toilettengang. Ich nahm das Glas und trank noch einen Schluck von dem exzellenten Weißwein, ohne viel von dem Geschmack mitzubekommen.
Vielleicht war die Zusage, das Herkommen eine blöde Idee. Vielleicht riss dieser Abend nur die Wunden neu auf. Nicht, dass sie absichtlich oder bösartig mein Herz gebrochen hätte. Doch damals, am Anfang unserer Zeit, hatte ich wirklich das Gefühl, das könnte sie jetzt sein! Die Frau! Die große, amtliche Beziehung, nach der ich auf der Suche war. Das Echte. Mal was für länger. Für sehr lange, möglicherweise…
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sich die Badtüre wieder öffnete. Sie warf mir ein entschuldigendes Lächeln zu. „Jetzt einen Espresso? Ich habe da diese neue Mischung, die ist richtig gut. Das musst du probieren.“
„Klar, gerne.“
Sie hatte immer richtig guten Kaffee. Und eine richtig gute Kaffeemaschine. Siebträger, mit allem Drum und Dran. So ein chromblitzendes Teil, das man sonst nur in schicken Bars und Cafés hinter dem Tresen stehen sieht. Das wahrscheinlich mehr gekostet hat als die gesamte Einrichtung meines Appartements. Kathi kam aus begütertem Hause.
Sie drückte zwei Knöpfe, und die Maschine fauchte los. Aha! Sie hatte also alles minutiös vorbereitet. Das Monstrum aus Italien brauchte mindestens zwanzig Minuten, um hochzufahren und auf Betriebstemperatur zu kommen. Ein weiterer Stein auf meiner Verdachtswaage.
Ich sah ihr zu, wie sie mit den Tassen hantierte. Das sah aus wie ein Tanz. Ein eleganter Tanz ihres Rückens, ihrer Beine. Sie trug und nutzte ihren Körper mit einer absolut selbstverständlichen Souveränität, egal was sie tat. Beim Kaffee kochen, beim Sport, beim Reden, beim Sex. Ich beobachtete sie gerne, egal wobei.
Ja, so war sie einfach. Kein Gehabe, kein Drama, nicht der affektierte, aufmerksamkeitsheischende Auftritt, den viele Mädels so draufhaben. Sie wollte etwas, also tat sie es. Einfach so. Sie ging ihren Weg, mit der Subtilität einer Panzergranate. Ihr Körper war schlicht das Vehikel dafür.
„Bitte sehr!“
Sie stellte die zwei Tassen auf den Tisch und schob mir den Zucker hin. Wir rührten einträchtig und tranken das heiße Gebräu. Ich wartete.
„Gut, nicht?“ fragte sie. „Hat mir mein Bruder aus Florenz mitgebracht. Da gibt es wohl Röstungen, die nie in Deutschland angeboten werden, sagt er.“
Ich schob die Tasse zur Seite und blickte ihr fest in die Augen. „Okay. Sagst du es mir?“
„Äh — was?“ Sie blinzelte.
„Warum ich hier bin?“
Sie zögerte nur einen winzigen Augenblick. Dann nickte sie, offenbar erleichtert. Wie ich es mir gedacht hatte: Sie mochte es am liebsten ganz direkt, ohne Umschweife. Sogar im Bett. Der Sex mit ihr war meistens heftig und kurz gewesen.
„Ich… ich brauche deine Hilfe.“ sagte sie ernst und legte ihre Hände auf meine, mitten auf dem Tisch. Ich zog sie nicht weg. „Es geht um ein Problem, bei dem ich sonst niemand wüsste, der mir helfen könnte.“
„Das hättest du mich doch auch am Telefon fragen können, oder?“ Sollte ich ihre Hände nehmen? Den Druck erwidern? Nein — sie war an der Reihe. Ich blieb passiv, doch ich genoss die Berührung insgeheim.
„Vielleicht.“ Sie lachte unsicher und wich meinem Blick aus. Interessant! Es musste also wirklich etwas sein, das ihr nahe ging. „Aber ehrlich gesagt war ich mir selbst nicht hundertprozentig sicher, ob es richtig ist, dich zu fragen. Ob es passt, für mich.“
„Und?“ Ich hob eine Augenbraue. „Passt es?“
Wieder dieses leicht gequälte Lachen, das ich so gar nicht von ihr kannte. Diese Blicke irgendwohin, als suche sie einen Ausweg.
„Komm schon. Erzähl mir einfach, worum es geht, ja?“ Ich fühlte mich zu müde für so einen Eiertanz. „Dann kann ich immer noch ja oder nein sagen.“
„Also gut. Du hast recht. Ich hoffe nur, du findest das jetzt nicht zu schräg.“ Sie straffte sich durch und setzte sich aufrechter.
„Es gibt da jemand.“ begann sie und sah mich jetzt wieder direkt an. Ihre schönen, blaugrauen Augen drückten Besorgnis aus. „Jemand, der sich für mich interessiert. Den ich auch ziemlich gut finde. Er heißt Christoph.“
„Glückwunsch. Das freut mich für dich.“ meinte ich neutral. Stimmte das?, fragte ich mich selbst. Anscheinend ja. Jedenfalls empfand ich kein inneres Aufheulen, keine Eifersucht, keine Missgunst. Einen kleinen Stich vielleicht. Aber nur, weil dadurch unsere Trennung endgültig von der Gerade-noch-Gegenwart in die Vergangenheit rutschte. Vom Imperfekt ins Perfekt, sozusagen.
„Danke.“ Sie lächelte vorsichtig. „Du kennst ihn nicht, glaube ich. Er macht gerade seinen Doktor, drüben in der Bio-Fakultät.“
„Aha.“ Ich nickte. Das passte zu ihr. Leistung und Erfolg spielten eine große Rolle für sie. Auch, was ihre Männer betraf.
„Normalerweise würde ich dich ja nicht mit sowas belästigen“, seufzte sie. „Aber kürzlich habe ich zufällig eine frühere Freundin von ihm kennengelernt. Sie hat mir ein paar Sachen erzählt. Über ihn. Was er mag und so. So ein Gespräch ist ziemlich nützlich, echt! Dann kann man sich vorher überlegen, ob man sich auf jemand einlässt.“
„Du kannst mich gerne umgekehrt als Referenz einsetzen, wenn du willst“, lachte ich. War es das? Sollte ich diesem Christoph umgekehrt von ihr berichten? Nein — solche Winkelzüge waren nicht ihr Ding.
„Danke.“ Sie grinste. „Ich werde vielleicht mal darauf zurückkommen. Mein Problem ist, dass er anscheinend etwas sehr mag, das mir gar nicht gefällt. Denke ich jedenfalls.“
„Aha.“
Sie sah mir direkt in die Augen, ganz gerade.
„Ich spreche von Analsex.“
Wumm! Ja, das war die Kathi, die ich kannte! Superdirekt, voll auf die Zwölf. Ich konnte sie nur anstarren, während ein wüster Wirbel an Erinnerungen, Gefühlen, Bildern und Träumen in mir hochwallte. Das Thema hatte eine gewisse Geschichte bei uns.
„Du weißt ja, dass ich damit Probleme habe.“ Sie drückte meine Hände. „Ich verstehe bis heute nicht, warum die meisten Leute das so toll finden. Männer, meine ich. Während die meisten Frauen da eher skeptisch sind, soweit ich das mitbekomme.“
„Ja, das weiß ich“, sagte ich vorsichtig.
„Aber ich muss wohl zur Kenntnis nehmen, dass Männer das erwarten in einer Beziehung. Oder es zumindest mehr als schade finden, wenn sie es nicht bekommen“, argumentierte weiter. „Da gab es noch jemand, kürzlich. Nicht so ernsthaft, eher so aus einer Laune raus. Ich fand ihn halt süß, und hatte einfach mal wieder Bock auf Sex. Der hat auch gleich gefragt, was ich denn von analer Stimulation halte. Beim ersten Mal zusammen im Bett!“
Sie wirkte eher ratlos als empört. So hatte sie auch auf meine früheren Versuche reagiert, sie für das Thema zu interessieren.
„Ich denke, das siehst du richtig.“ Ich deutete ein Schulterzucken an. „Es gibt halt unterschiedliche Interessen zwischen den Geschlechtern. Ist ja wohl nichts Neues.“
„Schon.“ Sie runzelte die Stirn. „Aber die Vorstellung, dass ich bei jedem künftigen Typen auf die gleiche Erwartung oder Hoffnung treffe, das macht mich echt fertig.“
„Aber warum? Du kannst jedem einfach sagen, du stehst nicht drauf“, versuchte ich die Sache zu verstehen. Ich spürte leisen Groll in meiner Brust wachsen. Wollte sie sich nur ausheulen, über mein sexsüchtiges Geschlecht? Wollte sie einen Rat von mir? Das finale Eingeständnis meiner maskulinen Verwerflichkeit? Mein voller Bauch und mein vom Wein umflirrtes Gehirn hatten kein Interesse an einer weiteren Raterei.
„Ja, das kann ich. Habe ich bisher ja auch so gemacht.“ Wieder dieser Blick, wie in die Mündung eines Doppellaufes. Graublaues Metall, herrlich anzusehen und potenziell tödlich. „Aber das hilft nur begrenzt. Du hast mich ja auch deshalb verlassen.“
„Was?!“ Ich setzte mich aufrecht hin und entzog ihr die Hände. „Jetzt Moment mal! Das stimmt so nicht.“
„Ehrlich?“ Sie zog die Augenbrauen hoch. „Hast du mir nicht genau das vorgeworfen, an dem berühmten Abend? Dass du keine Lust hast, für immer auf diese tolle Praktik zu verzichten? Dass es für dich einfach zu einem erfüllten Liebesleben dazu gehört?“
Mein Groll hatte sich bei ihren Worten in richtigen Ärger verwandelt. Gelbrot. Warnstufe drei. Ich atmete tief durch und kämpfte mit meinen Emotionen wie mit einem durchgehenden Pferdegespann.
„Das stimmt. Das habe ich gesagt. Und auch so gemeint.“ Ich zwang mich zu einer ruhigen Stimme, rang mit der epochalen Größenordnung dieses Missverständnisses zwischen uns. „Aber das war doch nur ein kleiner Teil. Es ging doch um viel mehr. Ich hatte das als Beispiel gemeint.“
„Ja, das ist mir schon klar.“ Offenbar kämpfte sie wie ich darum, trotz des brisanten Themas sachlich zu bleiben. Die Muskeln in ihren Wangen spannten sich immer wieder an, und sie suchte nach den richtigen Worten. „Das sollte auch kein Vorwurf sein. Es ist völlig okay, wenn du das als Vorliebe hast. Ehrlich!“
Ich nickte unwirsch, nur halb besänftigt. Auf eine Neuinszenierung des besagten Abends und der damals ausgetauschten Argumente hatte ich nicht die geringste Lust. Wozu auch?
Vielleicht sollte ich besser bald gehen.
„Ist ja auch egal.“ Sie wedelte mit einer Hand. „Es geht nicht um uns. Aber ich habe verstanden, dass ich dem Thema Analsex nicht so einfach ausweichen kann, wie ich dachte. Es kommt anscheinend immer wieder. Also muss ich mich wohl oder übel damit beschäftigen. Und wenn es nur ist, um das für mich klar zu kriegen. Falls ich endgültig zu dem Schluss komme, dass das nichts für mich ist, dann sage ich es den Typen künftig gleich zu Anfang. Ganz direkt.“
„Klingt sinnvoll“, nickte ich und unterdrückte den Zusatz: Vor einem Jahr hätte es sogar noch sinnvoller geklungen.
Spontan erschien eine Szene vor meinem inneren Auge, irgendwo an einer Bar.
„Hi. Ich bin Christoph.“
„Hi. Ich heiße Kathi. Schön dich zu treffen. Übrigens: Bei mir läuft anal nicht, ich mag das nicht.“
„Alles klar. Danke für die Info. Dann geh ich jetzt mal weiter. Ich versuch´s mal bei der Blonden da drüben.“
„Ok. Ciao.“
Zwei graublaue Augen vor mir wurden zusammengekniffen. Hastig konzentrierte ich mich wieder auf das Hier und Jetzt.
„Jedenfalls habe ich entschieden, das mit dem Analsex jetzt rauszukriegen“, fuhr sie fort. „Damit es dann vom Tisch ist. So oder so.“
„Okay. Gut. Aber ich verstehe immer noch nicht, was das mit mir zu tun hat“, warf ich ein. „Du kannst doch diesen Christoph problemlos in dein Bett holen und es einfach mal ausprobieren, oder?“
„Vielleicht.“ Sie sackte ein wenig zusammen und sah elend aus. „Ja, wahrscheinlich schon. Ich fände es aber besser, das vorher zu klären. Ich möchte nicht noch jemand, der mir viel bedeutet, deshalb verlieren.“
Meinte sie damit mich?! Etwas in meiner Brust fühlte sich plötzlich warm an. Das traf mich jetzt ein wenig unerwartet. Mein Groll flaute ab, stellte ich fest. Dieser Abend entwickelte sich schon wieder zu einer Achterbahnfahrt für meinen Gefühlshaushalt. Nun ja, das kannte ich. Das war einer der Gründe, warum es mit Kathi zwar manchmal anstrengend, aber nie langweilig gewesen war.
„Jedenfalls habe ich lange darüber nachgedacht, was du mir erzählt hast“, fuhr sie fort. „Wie du es gelernt hast, von dieser Amerikanerin. Deborah hieß sie, richtig?“
Ich nickte, abgelenkt von weiteren Erinnerungen. Deborah! Meine Lehrerin, in vielem.
„Vielleicht muss man es lernen. Von jemandem, der es kann. Ich habe keine Ahnung, ob Christoph es kann, oder sich nur wünscht. Bei dir weiß ich es. Deshalb ist meine Frage an dich: Kannst du dir vorstellen, nochmal mit mir ins Bett zu gehen und…“ Sie schluckte. „… mich hinten rein zu ficken? Mir zu zeigen, wie das geht?“
Ich glotzte sie an wie ein Guppy.
„Ich dachte… wenn du darauf stehst, dann bist du vielleicht immer noch interessiert.“ Ihr Blick irrte ab. „Einfach mal so. Auch wenn wir nicht mehr zusammen sind. Oder — ah, Mist, ich habe gar nicht gefragt: Vielleicht gibt es ja auch bei dir jemand, den du kennengelernt hast? Ich will natürlich nicht…“
„Nein“, murmelte ich. „Das heißt — es gab schon welche. Drei, wenn du es genau wissen willst. Aber nur One-Night-Stands, nichts Ernsthaftes.“
„Ah.“ Sie blinzelte verunsichert, nahm sich jedoch in der nächsten Sekunde schon wieder zusammen. Das konnte sie gut. „Also — denkst du, du könnest mir da helfen?“
Konnte ich das? Einfach mal eben mit ihr ins Bett steigen und sie von hinten nageln?
„Die Frage ist doch eher, ob du das kannst“, spielte ich den Ball in Ermangelung einer Antwort zurück. „Ich hatte dir das ja ein paar Mal vorgeschlagen. Aber du warst da immer strikt dagegen. Denkst du, das kannst du einfach so ändern? Nur durch den Entschluss?“
„Warum denn nicht?“ Sie legte den Kopf schräg. „Wenn man etwas will, dann kann man das auch.“
„Ich will auch gerne Klavier spielen können“, gab ich zu bedenken. „Das heißt aber noch lange nicht, dass ich es kann.“
„Das Beispiel hinkt total“, schoss sie zurück. „Du weißt, was ich meine. Wenn andere Frauen das hinkriegen, dann muss das auch für mich möglich sein. Ich brauche nur jemand, der mir dabei hilft. Einen Lehrer, wenn du so willst. Wie Deborah für dich war.“
„Einen Lehrer. Soso.“ Ich musste grinsen. „Wenn ich geahnt hätte, dass ich mal als Lehrer ende.“
„Das heißt also — du sagst ja?“ Hoffnung stieg in ihre Augen. Sie lächelte, erst vorsichtig, dann richtig breit.
Das war unfair! Man konnte einfach nicht herumargumentieren, wenn sie einen so anstrahlte. Das Lächeln verwandelte den Anblick von einem unauffälligen, oval geschnittenen Durchschnittsgesicht zu etwas ganz anderem. Etwas unglaublich Schönem, Strahlendem. Ein Widerschein aus einer anderen, einer helleren Welt.
Mein Widerstand bröckelte, ebenso wie die Bockigkeit darunter. Ihr hübscher Hintern, so lange unerreichbar, jetzt endlich ganz für mich?
„Wie hast du dir denn das vorgestellt?“, versuchte ich, Zeit zu gewinnen. „Gleich jetzt, hier?“
„Äh — warum nicht?“ Ihr Lächeln flackerte etwas. „Oder auch ein anderes Mal, wenn dir das lieber ist. Ich hab auch schon ein Gleitöl gekauft. Das braucht man anscheinend.“
„Richtig. Du hast dich also im Internet informiert?“
„Sicher. Da gibt es ja unglaublich viele Websites, die sich damit beschäftigen.“ Sie schlang sich die Arme um den Körper und schien ein wenig zu frösteln. „Aber das ist nur Text. Ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich das alles richtig verstehe.“
Sie war so ernsthaft, so geradlinig. Immer. Zu sich selbst und zu anderen. Sie scheute vor keiner Auseinandersetzung zurück, die sie als notwendig erachtete. Ich erinnerte mich, wie sie einmal einem Professor in aller Ruhe auseinandergesetzt hatte, dass er besser keine Vorlesung über ein Thema anbieten sollte, zu dem Studierende — wie sie — deutlich mehr Bücher gelesen hatten als er selbst.
Für ihren Mut hatte sie in jedem Fall meine Hochachtung, meinen Respekt. War ich bereit, noch mehr zu geben? Denn so fühlte sich das gerade für mich an. Wie ein Gefallen, eine Gabe. Nur ihr zuliebe, weil sie es wollte.
Nichts hätte ich lieber getan als sie von hinten zu nehmen, als wir zusammen waren. Ihren verführerischen Popo richtig kennen zu lernen. Ja, ich stand total auf Analsex, seit Deborah mich da einführte. Buchstäblich sozusagen. Und ja, ich fühlte mich im Moment erotisch ein wenig unterversorgt. Eigentlich sprach also nichts gegen ein wenig Sex mit der Ex. Soll ja öfters vorkommen. Ich hatte diese Erfahrung noch nicht gemacht.
Warum zögerte ich also? Was hinderte mich?
Es fühlte sich einfach nicht — stimmig an! Nicht richtig, auf eine ungreifbare Art und Weise. So als hätte man schon lange von einem Wahnsinnsurlaub auf Hawaii geträumt, und plötzlich wurde man von einer unbekannten Kraft mitten aus dem Alltag gerissen, dorthin gebeamt, fand sich in einem bunten Hemd am Strand wieder, und jemand schnauzte einen im Kasernenhofton an: „So, hier hast du es. Jetzt genieß es gefälligst!“
So kam ich nicht weiter. Der Gedankenkreisel brachte nichts.
Ich atmete tief durch und stand auf. Als ich die Hände ausstreckte, nahm Kathi sie und erhob sich ebenfalls. Ich nahm sie in die Arme und drückte sie leicht an mich. Das fühlte sich so gut an wie eh und je. Sie hatte genau die richtige Größe — ein wenig kleiner als ich, aber nicht so viel, als dass ich einer von uns hätte verbiegen müssen.
Ich spürte, wie sie die Hände auf meine Schultern schob. Der vertraute süße Duft ihrer Haare und ihres Shampoos stieg mir in die Nase. Das roch immer noch unglaublich lecker für mich. Blumen, die in einem verborgenen Dschungel wucherten.
„Ich — ich mag dich echt, Kathi“, murmelte ich an ihrer Schläfe und konzentrierte mich auf den Kontakt unserer Vorderseiten, auf ihre Wärme. „Wir wollten Freunde bleiben. Das habe ich ernst gemeint, und meine es noch so. Wenn ich dir helfen kann, dann mache ich das gerne. Bei allem. Aber bei dieser Geschichte kann es auch sein, dass ich es nicht hinkriege. Dass es für mich total schräg wird. Dann will ich mich auch nicht zu etwas zwingen müssen.“
„Verstehe ich.“ Sie drückte sich näher an mich. „Das geht mir ja genauso. Nur, wenn es für dich passt.“
„Gut.“ Ich drückte einen Kuss auf ihre Stirn. „Was hältst du davon, wenn wir einfach ein wenig experimentieren und schauen, wohin uns das führt?“
Sie sah zu mir hoch, die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt. Klar, das gefiel ihr nicht. Sie bevorzugte klare Entscheidungen, einfache Pläne, feste Ziele. Ich dagegen ließ mich lieber in etwas hineintreiben und schaute, wie sich alles entwickelte. Das war wahrscheinlich der eigentliche Grund für unsere Trennung gewesen. Wir gingen grundsätzlich anders an die Dinge heran.
„Gut“, rang sie sich schließlich ab. „Du bist der Lehrer. Du sagst, wo es lang geht.“
Ich verkniff mir sowohl ein Grinsen als auch einen Kommentar. Stattdessen küsste ich sie. Auf den Mund. Nur leicht, ohne Zunge. Aber mit einem Klopfen in der Brust, das erstaunlich heftig losgaloppierte. Das war ja ein wenig wie ganz am Anfang, als wir uns kennen lernten!
Sie erwiderte den Kuss, auch ganz sanft. Dann sahen wir uns in die Augen und lächelten uns an.
„Immer noch der Wikinger.“ Sie strich mit einer Hand über meine Wange. „Der Bart steht dir, finde ich. Sieht gut aus.“
Ich warf mir die Haare mit einer übertriebenen Geste aus der Stirn, nahm sie so fest in die Arme wie ein nordischer Krieger seine Beute, und rieb mein Kinn an der Seite ihres Halses, um sie zu kitzeln. Sie kicherte mädchenhaft und drückte sich enger an mich.
Das funktionierte also anscheinend noch. Ich liebte ihre schlanke Figur, ihre Leichtigkeit in meinen Armen. Und sie mochte es, dass ich deutlich stabiler gebaut bin. Nicht dicklich, aber breit, massiv, und mit großen Händen und Füßen. Mein Vater kommt aus Dänemark. Wahrscheinlich trage ich tatsächlich Wikinger-Gene in mir herum. Ein Hammer, oder eine Axt, das wären meine Lieblingswaffen in der Zeit gewesen. Nicht so ein Firlefanz wie ein dünnes Schwert. Das taugt nicht für Grobmotoriker wie mich.
„Und jetzt?“, fragte ich. „Ins Schlafzimmer?“
„Ja, sicher. Ich habe vorhin die Heizung hochgedreht, das Öl darauf gestellt, und passende Musik ausgesucht“, meinte sie eifrig.
Ich lachte laut auf, ich konnte nicht anders. Sie sah mich ganz erstaunt an. Dann kapierte sie und griente gequält.
„Sag nichts.“ Sie gab mir einen spielerischen Schlag auf die Brust. „Ich weiß. Ich und meine Planeritis. Sei mir nicht böse, Leon. Ich bin halt ein wenig perfektionistisch.“
„Ich bin nicht böse.“ Ich schüttelte den Kopf und küsste sie auf die Nasenspitze. „Es ist nur ungewohnt, dass du deinen Perfektionismus auch auf die erotischen Aspekte deines Lebens richtest.“
„Da hast du wohl recht.“ Sie kaute nachdenklich auf der Unterlippe herum. „Bisher sah ich die Notwendigkeit nicht. Sex war immer so etwas wie Essen und Trinken für mich. Manchmal braucht man es halt, aber sonst kein großes Ding. Ich habe nie richtig verstanden, warum du dir da so viele Gedanken darum machst.“
Sie meinte es ernst. Natürlich. Sie meinte praktisch alles ernst, was sie sagte, oder tat. Das war ein Teil der Faszination, die sie auf mich ausübte. Ich mochte das. Meistens jedenfalls.
Mit einem letzten Küsschen nahm sie meine Hand und führte mich ins Schlafzimmer. Hm — wer sollte hier gleich noch sagen, wo es lang ging? Der Lehrer oder die Schülerin? Doch ich erhob keine Einwände. Obwohl ich mir immer noch nicht sicher war, was ich von der ganzen Kiste halten sollte.
Ihre „Studentenbude“ war eine veritable Dreizimmerwohnung. Neben dem Wohnzimmer mit der integrierten Designerküchenzeile gab es ein Arbeitszimmer, und das Schlafzimmer, nach hinten raus gelegen. Der Schrank stand im Flur, daher gab es dort nur das große Bett. Mit dem ich durchaus schöne Erinnerungen verband. Ich grinste, stellte ich fest.
Der Kleiderschrank, an dem wir vorbeikamen, wies nur zwei Türen auf. Outfits und Mode interessierten Kathi wenig. Praktisch alle anderen Frauen, die ich kannte, hatten viel mehr Klamotten und Schuhe. Kleidung war auch so etwas wie Essen und Trinken — man brauchte das Zeug halt. Sie hatte wenige, aber sorgfältig ausgewählte Kleider, und sie trug diese mit derselben achtlosen Selbstverständlichkeit wie ihren Körper. Diese Natürlichkeit wirkte unglaublich attraktiv. Nicht nur auf mich — ich sah immer wieder, dass die Leute ihr hinterher sahen. Männer und Frauen.
Das hatte mich immer fasziniert. Denn rein äußerlich sah sie ziemlich durchschnittlich aus. Jung und schlank und hübsch halt, wie viele Dreiundzwanzigjährige. Kleine Brüste, nicht übermäßig viel Taille und die Beine ein wenig zu gerade, um als „schön“ zu gelten. Weit weg von Model-Maßen oder jeder Barbie-Ästhetik. Dazu ihre kurze, wuschelige Lockenfrisur in Kupfer, die ihrem Äußeren einen maskulinen Hauch verlieh. Die Haut an ihren Armen und im Gesicht war so eng mit Sommersprossen bedeckt, dass ihr Teint deutlich dunkler wirkte, als er tatsächlich war.
Und wenn sie lächelte, dann wurde ohnehin alles andere bedeutungslos. Dann versank man rettungslos in dem Leuchten, in den strahlenden Augen. Man nahm sie nicht mehr als Sterbliche wahr, eher als Elfe oder so. Ein zutiefst magischer Vorgang. Wenn ich ein Wikingernachfahre war, dann stammten ihre Gene aus Mittelerde.
„Also? Was jetzt?“
Erwartungsvoll drehte sie sich zu mir um, als wir vor dem Bett standen. Neue Bettwäsche war aufgezogen, ein heller Cremeton. Die indirekte Beleuchtung sorgte für ein Höhlen-Ambiente. Auf der Heizung neben dem Bett wartete ein grau-pinkfarbenes Plastikfläschchen.
Tja, was jetzt? Die Standard-Routine? Küssen, streicheln, niedersinken, immer heftiger Knutschen, unter die Kleider gehen, entblättern, fummeln, lecken, und schließlich vögeln?
„Zieh dich aus“, wies ich sie an und knöpfte mein Hemd aus. Sie nickte und streifte sich mit einer Bewegung die Bluse über den Kopf. Ja, das war besser so. Ich fühlte mich eher nüchtern. Nicht so schwelgerisch-angetörnt wie sonst, wenn ich mit jemand ins Bett gehe. Nun gut, das war ja auch ein Lehrerjob hier, und Kathi fiel ohnehin leicht, ganz straight vorzugehen.
Wir blinzelten uns an wie zwei Verschwörer, als wir die Kleider ablegten. Sie trug einen hellgrauen BH unter der Bluse, ihr bestes Stück. Ich sah interessiert zu, wie sie die Jeans aufknöpfte und an den Beinen hinab schob, die Socken gleich mit. Natürlich kam darunter der passende, hellgraue Slip zum Vorschein, der sich herrlich tief über ihre Hüfte spannte, und der die Wölbung ihres Venushügels hübsch betonte.
Sie verfolgte ebenso ungeniert, wie ich mich frei machte. Mein Schwanz hing noch herab, vom sachlichen Ablauf dieses seltsamen Abends bis jetzt kaum angeheizt. Glücklicherweise verfüge ich über einen ausgesprochenen Fleischpenis, der auch ohne Füllung einigermaßen groß wirkt. Das hilft dem Selbstvertrauen in Situationen wie dieser.
Der Nachteil bei einem Fleischpenis: Er schwillt bei Erregung nicht so stark an wie andere. Mein bestes Stück ist dann nur noch von durchschnittlicher Größe. Wenn ich mich manchmal vor dem Spiegel betrachte, dann kommt mir das Ding klein vor, im Verhältnis zum eher massiven Körper. Doch er sieht ganz ebenmäßig aus. Kathi mochte ihn, sie fand ihn hübsch. Und beim Sex spielt die Größe ja eher eine untergeordnete Rolle.
Außer bei Analsex, hatte Deborah damals gemeint. Da hatten die Kerle, die sonst so stolz auf ihre Pferdeschwänze waren, ein echtes Problem. Auch sie hatte sich damals länger überlegt, ob sie mich hinten haben wollte oder nicht.
Nein. Ich konnte mich nicht bei der Natur beschweren!
Kathi knöpfte den BH hinten auf und streifte ihn ab. Ihre Brüste sahen genauso süß aus, wie ich sie in Erinnerung hatte: klein und rund und ebenfalls von Sommersprossen überzogen. Mit großen, mattbraunen Nippeln, die immer schnell hart wurden und dann als kleine Stiftchen vorragten. Sie fing meinen Blick auf und streckte mir die Zunge heraus. Dann, garniert mit ein, zwei lasziven Hüftschwüngen, fiel der Slip.
Ihr Schamhaar trug sie immer noch natur. Ich selbst bevorzuge rasiert, bei mir und bei den Frauen. Doch jetzt freute ich mich richtig, den kleinen Busch wiederzusehen. Meine Ex hatte recht schüttere rotblonde Haare unten, die nicht viel verdeckten. Und eine regelmäßige Intimrasur gehörte zu den Dingen, für die sie schlicht keine Zeit und keinen Nerv hatte. Es gab immer so viele wichtigere Sachen zu erledigen!
Mein Schwanz freute sich offenbar auch. Er schwoll an und erhob sich langsam.
„Also diesen Hübschen habe ich schon ein wenig vermisst“, meinte Kathi mit einem Blinzeln, kam näher, und nahm ihn in die Hand. Das fühlte sich gut an!
„Und ich diese Hübschen“, antwortete ich und streichelte beide Brüste, genoss den vertrauten Kontakt mit der warmen Haut dort, dem weichen Fleisch. Als ich an den Spitzen spielte, da seufzte sie leise und fasste fester um meine Rute. Die gewann schnell ihre volle Größe, ebenso wie ihre beiden Nippel.
Wir küssten uns wieder, diesmal hungriger, schnell auch mit Zunge. Ich wollte die Süße dieses Erstmaligen, dieses Gewohnt-Ungewohnten noch ein wenig auskosten, ausdehnen. Alles gemächlich angehen. Doch Kathi kam wie üblich schnell auf Touren. Sie reizte mich, rieb ihre Schenkel an mir, und leckte lockend an meinen Mundwinkeln. Bis ich ihr die Zunge tief in den Rachen schob und sie in eine sehnsüchtige Umarmung presste.
Wir hatten uns wieder.
Von diesem Punkt an hatte es sonst immer nur wenige Minuten gedauert, bis sie mich aufs Bett zog und die Beine auseinandernahm. Wenn sie Lust hatte, dann wollte sie auch gleich genommen werden.
Sex mit der Ex. Gar nicht so übel! Ich grinste an ihrem Mund und leckte der Länge nach an ihrer Zunge entlang. Eine neue Erfahrung für mich.
Doch wir hatten ja ein bestimmtes Ziel. Ich streichelte sie am Rücken hinunter, dann am Po. Der fühlte sich toll an, weich und rund und sanft. Sie seufzte an meinen Lippen, ließ mein Ding los, und schlang mir die Arme um den Hals. So konnte ich ein wenig tiefer greifen, eine Hinterbacke richtig in die Hand nehmen. Ich drückte zu, erst sanft, dann ein wenig herzhafter. Ihre zarte Fülle lag als erregendes Kissen in meiner Hand.
Jetzt kam ich auch in Fahrt. Heiße, nasse Küsse, und meine Hand, die ihre Kehrseite erforschte, die Fingerspitzen in der Falte zwischen Po und Schenkel. Ich zog ein wenig, rieb dabei meine Erektion zwischen unseren Bäuchen, wollte mehr…
Da fiel mir auf, dass sie sich auf einmal anfühlte wie ein Brett. Ernüchtert stoppte ich meine Hand, und auch den Kuss. Was war jetzt los? Wollte sie nicht genau das?
Wir sahen uns in die Augen. Ich las Verwirrung, Sorge in ihrem Blick.
„Tut mir leid“, seufzte sie und legte den Kopf an meine Brust. „Das wurde mir gerade irgendwie zu viel. Zu schnell. Ich dachte schon, du willst jetzt mich jetzt am Poloch berühren.“
Ich drückte sie an mich. Das war exakt mein Plan gewesen. Aber anscheinend funktionierte der nicht.
„Was ist los?“, murmelte ich. „Hast du Angst?“
„Ich — ich weiß nicht.“ Ein ratloses Schnauben. „Eigentlich nicht. Mein Körper hat von selbst reagiert.“
Ich dachte kurz nach. Anscheinend war es für sie doch nicht so einfach, nur mit reiner Willenskraft etwas zu tun, gegen das eine Art Sperre bestand. Verdammt — ich verstand nicht viel von Psychologie.
„Kannst du sagen, worauf dein Körper reagiert hat?“, forschte ich nach. „Wovor du dich schützen wolltest?“ Dabei streichelte ich ihr beruhigend über den Rücken, mit genügend Abstand zur kritischen Zone.
„Naja, auf den Schreck als ich dachte, du wolltest mich da anfassen“, erklärte sie zögernd. „Da hatte ich plötzlich im Kopf: Das macht man nicht!“
„Geht es um Sauberkeit?“
„N-nein.“ Sie kicherte. „Vorhin, als ich auf der Toilette war, habe ich mich extra gründlich abgeduscht.“
Aha. Nicht ihre Tage, sondern ihr Perfektionsfimmel.
„Warum macht man das dann nicht?“, wollte ich wissen.
Sie hob den Kopf und sah mich an. „Weiß nicht genau“, murmelte sie. Dann weiteten sich ihre Augen. „Ich glaube, das war die Stimme meiner Mutter. Sie hat oft zu mir gesagt: ´Das macht man nicht´, als ich klein war. Erziehung halt.“
„Mhm.“
Fuck. Doch so eine Psycho-Kiste. Kathis Mutter hatte ich nur einmal getroffen. Sie war Augenärztin. Eine herrische Frau mit kaltem Blick, so war sie mir in Erinnerung. Sehr höflich, sehr verbindlich, formvollendet. Nach dem Nachmittagskaffee, zu dem sie uns eingeladen hatte, hatte ich mich wie gegrillt gefühlt, nur von ihren Augen und ein paar Konversationsfragen.
Was nun? Wenn sie da so einen Block hatte, was sollte ich da tun?
Ich war mal kurz mit einem Mädchen zusammen gewesen, dass immer nur im Stehen Sex haben wollte, am liebsten unter der Dusche. Irgendwann hatte sie mir dann verraten, dass sie mal beinahe vergewaltigt worden war und dass sie deshalb immer totale Panik bekam, wenn sie auf dem Rücken lag. Das konnte ich nachvollziehen. Doch wie heilte man so etwas? Ging das überhaupt?
„Houston, wir haben ein Problem“, dachte ich mit einem inneren Seufzer. Was nun? Mission abbrechen? So leicht wollte ich nicht aufgeben. Sie hatte mich um Unterstützung gebeten. Die wollte ich ihr geben, auch wenn es ein wenig schwieriger wurde.
„Komm, wir legen uns erst mal hin.“ Ich bugsierte sie zum Bett. „Das ist bequemer, dann können wir reden, ja?“
Sie folgte ohne Widerstände. Ich spürte ihr beinahe kindliches Vertrauen in mich und musste schlucken. Ja, ich würde mein Möglichstes tun!
Wir streckten uns nebeneinander aus und nahmen uns locker in die Arme. Einfach nochmal versuchen? Wenig sinnvoll.
„Deine Mutter hat das oft zu dir gesagt, ja?“, begann ich verständnisvoll und strich ihr über den Wuschelkopf. „Das tut man nicht.“
„Das macht man nicht“, korrigierte sie mich. „Ja, ich denke schon. Bei allem Möglichen. Wenn ich im Bett Kekse essen wollte. Wenn ich barfuß raus in den Garten wollte, nach dem Regen, und in den Wasserpfützen rumspringen. Wenn ich in der Fußgängerzone mit dem Straßenmusikanten singen wollte.“
„Das macht man nicht“, wiederholte ich. Sie hatte auch den Tonfall der Mutter andeutungsweise wiedergegeben. Ein Frösteln überlief mich. Eine furchtbare Frau! Wie musste die Kindheit meiner Exfreundin ausgesehen haben? Kein Wunder, dass sie so drauf war.
Nur: Was sollte ich jetzt damit machen? Ich war bestimmt kein Therapeut für schwierige Fälle.
„Ist dir das damals nicht als ungewöhnlich aufgefallen?“ Wahrscheinlich eine blöde Frage, aber mir fiel nichts Besseres ein. „Hast du da keinen Unterschied zu den anderen Kindern bemerkt.“
Sie lachte leise. „Denen ging es ähnlich. Oder schlimmer. Ich bin in so einer Villengegend groß geworden. Nach außen immer alles tipptopp, aber meine Schulfreundin Andrea, die musste zum Beispiel vier oder fünf Mal pro Tag duschen. Ihre Mutter hatte eine Art Waschzwang.“
„Wow.“ Meine eigene Kindheit, immer eine eher langweilige Erinnerung, kam mir plötzlich beschützt und freundlich vor. „Es gab keine Ausnahmen?“
„Antje!“ Sie legte sich auf den Rücken und sah zur Decke hoch. „Antje war anders. Total anders.“
„Erzähl.“ Ich ließ meine Hand sanft über ihren Körper gleiten und auf dem flachen Bauch ruhen.
„Sie zog mit ihren Eltern in unsere Stadt, in der zehnten Klasse. Ich war von ihr fasziniert, weil sie einfach machte, was sie wollte. Wenn sie nach der Schule nicht heim wollte, dann trieb sie sich bis in die Dunkelheit in der Stadt herum. Und wenn sie keine Lust auf Hausaufgaben hatte, dann machte sie die nicht. Egal was die Lehrer sagten.“
Kathi lächelte bei diesen Worten. Ein leuchtendes Lächeln. Eine schöne Erinnerung also.
„Ich habe sie ein paar Mal begleitet, oder besucht“, fuhr sie fort. „Die Eltern waren da wohl gerade geschieden. Die Mutter hat getrunken, glaube ich. Jedenfalls hat sie niemand um sie gekümmert. Damals fand ich das krass. Und irgendwie — verlockend.“
„Klar. Um dich hat sich pausenlos jemand gekümmert“, warf ich ein und zog die Form ihres Nabels nach.
„Genau. Heute denke ich, sie war ziemlich schlimm dran, eigentlich.“ Kathi seufzte. „Aber damals sah ich nur die Vorteile. Insbesondere, wenn es um Jungs ging.“
„Ja?“ Ich horchte auf.
„Antje hatte sofort einen Freund“, kicherte Kathi. „Sie ging mit Daniel aus der Zwölften, keine drei Wochen nach ihrer Ankunft. Und dann mit Paul-Sören. Und mit Jannik. Und so weiter. Die anderen Mädchen haben total über sie hergezogen. Ich auch.“ Sie warf mir einen schuldbewussten Blick zu. „Damals fand ich das völlig daneben. Die Jungs haben rumerzählt, was sie mit ihr getrieben hatten. Fingern und so. Mit Jannik hat sie dann geschlafen. Das wusste ein paar Tage später die ganze Schule.“